Donnerstag, 1. September 2011

Wie bekomme ich als GmbH-Gesellschafter die erwünschten Informationen?

Grundlagen. Damit Gesellschafter einer GmbH die Chancen und Risiken ihrer Kapitalbeteiligung (aus eigenem Recht) einschätzen und sich eine (eigene) Ent­scheidungsgrundlage für wichtige Abstimmungen in der Generalversammlung schaffen können, besteht ein umfassendes Informationsrecht für Gesellschafter (§ 22 Abs 2 GmbHG). Auf dieser Rechtsgrundlage besteht Anspruch auf Auskunft über alle Angelegenheiten der Gesellschaft und Einsicht in ihre Unterlagen.

Besondere praktische Bedeutung erlangt dieses Recht
             zur Vorbereitung einer Beschlussfassung über - für die GmbH existenzielle - Geschäftsführungsmaßnahmen;
             zur Überprüfung der strategischen Ausrichtung der Geschäftsleitung in der Krise der GmbH und
             bei Ausscheiden eines Gesellschafters.

1. Phase: Informationsverlangen. Um die erwünschte Auskunft oder Einsicht in Unterlagen zu bekommen, ist zunächst das Verlangen ordnungsgemäß anhand folgender Checkliste zu formulieren.

   An wen richtet sich das Verlangen?
o      Senden Sie eine eingeschriebene Briefsendung. Das Auskunftsverlangen ist zwar auch mündlich zulässig, jedoch ist die Übersendung per Einschreiben zu empfehlen.
o      Richten Sie das Verlangen an die GmbH. Das Informationsbegehren richtet sich immer gegen die Gesellschaft; diese wird durch ihre Geschäftsführer vertreten. Unbeschadet der Vertretungsbefugnis nach außen ist jeder Geschäftsführer passivlegitimiert, dh zur Empfangnahme von an die Gesellschaft gerichteten Briefsendungen berechtigt.

   Worauf ist das Verlangen gerichtet?
o      Präzise Formulierung des Auskunftsverlangens. Die begehrten Auskünfte oder Unterlagen sollten möglichst eindeutig bezeichnet werden, da die Geschäftsführung andernfalls zu lediglich allgemeiner oder oberflächlicher Informationserteilung berechtigt ist und sich einer konkreten Beantwortung entziehen kann.
o      Schriftliches Auskunftsverlangen. Ein Gesellschafter hat Anspruch auf schriftliche Beantwortung oder Vorlage schriftlicher Unterlagen. Dagegen besteht kein Anspruch auf Übersendung von Kopien. Der Gesellschafter ist nur berechtigt, sich selbst Kopien zu fertigen.
o      Fristsetzung. Die erwünschte Auskunft ist unverzüglich - also ohne schuldhaftes Zögern -, aber nicht unbedingt sofort zu erteilen. Eine genaue zeitliche Festlegung ist somit nicht möglich. Der Gesellschafter sollte in einem Verlangen gleichwohl eine angemessene Frist (etwa drei bis sechs Wochen) setzen.

   Wer kann Auskunft verlangen?
o      Gesellschaftereigenschaft. Den Informationsanspruch kann jeder Gesellschafter - und zwar unabhängig von der Höhe seines Geschäftsanteils - geltend machen. Ein Treugeber, aber auch Personen, denen durch ein einseitiges Abtretungsanbot (irgendwann) das Anbot auf Erwerb des Geschäftsanteiles eingeräumt ist, steht dieses Auskunftsrecht nicht zu.
o      Beiziehen von Angehörigen der rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe. Gesellschafter können das Informationsrecht durch einen von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichteten Bevollmächtigten ausüben lassen. Wird eine solche Person als Sachverständiger hinzugezogen, kann die Gesellschaft deren Mitwirkung an der Informationsbeschaffung üblicherweise nicht ablehnen.
o      Rechtzeitigkeit des Verlangens. Wer seinen Geschäftsanteil schon verkauft, aber noch nicht veräußert hat, oder wer sich zum Ausscheiden verpflichtet, oder das Gesellschaftsverhältnis zwar gekündigt hat, aber noch nicht ausgeschieden ist, dem kommt noch ein Informationsrecht zu. In diesen Fällen kann es also darauf ankommen, das Informationsverlangen noch rechtzeitig zu stellen. Nach wirksamer Anteilsveräußerung oder Ausschei­den eines Gesellschafters steht ihm das Informationsrecht nicht mehr zu und zwar selbst dann nicht, wenn ihm noch Gewinnansprüche aus der Zeit vor seinem Ausscheiden zustehen.

2. Phase: Informationsverweigerung. In der Praxis ist die Geltendmachung des Informationsrechts nicht selten mit Hindernissen verbunden. In vielen Fällen wird die Geschäftsführung die gewünschte Auskunft bzw Einsicht wegen be­haupteter Verletzung der Verschwiegenheit und Missbrauchsgefahr verweigern. Voraussetzung für die Verweigerung ist jedoch, dass unverzüglich ein diesbezüg­licher Generalversammlungsbeschluss einzuholen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Geschäftsführung daher nur einstweilen die Auskunft versagen. Das weitere Vorgehen hängt also davon ab, ob der Geschäftsführer einen Generalver­sammlungsbeschluss herbeigeführt hat oder nicht.

Fallgruppe 1: Geschäftsführer holt Beschluss ein. Beruft der Geschäftsführer die Generalversammlung ein, kommt es auf die Mehrheitsentscheidung der Ge­sellschafter an. In der Generalversammlung wird der Antrag auf Auskunftsertei­lung üblicherweise zur Diskussion gestellt. Der Geschäftsführer sollte zweckmä­ßigerweise zunächst erläutern, warum er das Auskunftsersuchen bisher nicht er­ledigt hat. Eine Beschlussfassung über den Antrag auf Auskunft erfolgt, wenn in der Generalversammlung keine einvernehmliche Lösung gefunden wird.

Fallgruppe 2: Die Geschäftsführung holt keinen Beschluss ein. Verweigert die
Geschäftsführung die Auskunft, ohne unverzüglich eine Generalversammlung dazu einzuholen, hat der auskunftsverlangende Gesellschafter unter Beachtung der nachfolgenden Grundsätze die Einberufung der Generalversammlung selbst vorzunehmen.

Rechtsfolge 1: Aufforderung zur Einberufung einer Generalversammlung.
Zunächst muss der auskunftssuchende Gesellschafter die Geschäftsführung -zweckmäßigerweise per Einschreiben - auffordern, eine Generalversammlung einzuberufen. Dabei sollte der Gegenstand der Beschlussfassung (das Auskunfts­verlangen) entsprechend bestimmt und nicht nur pauschal angekündigt sein, und dem Geschäftsführer eine angemessene Frist zur Einberufung der Generalver­sammlung gesetzt werden.

Rechtsfolge 2: Eigene Einberufung der Generalversammlung. Erst wenn die Aufforderung an die Geschäftsführung zur Einberufung einer Generalversamm­lung erfolglos bleibt, haben jene Gesellschafter, denen zusammen eine Beteili­gung von 10 vH zukommt, ein Selbsthilferecht (§ 37 Abs 2 GmbHG). Die Sat­zung kann eine erleichterte Ausübung dieses Minderheitenrechtes vorsehen[1]. Die Einberufung der Generalversammlung erfolgt mit eingeschriebener Briefsendung an sämtliche Gesellschafter.

3. Phase: Informationserzwingung. Wird das Auskunftsverlangen durch Beschluss der Generalversammlung abgelehnt, kann der betroffene Gesellschafter nur noch die Gerichte anrufen und auf Erteilung der Auskunft klagen. Durch das Gericht wird insbesondere darüber entschieden, ob die Auskunft bzw. Einsicht zu Recht verweigert wurde. Dies ist nur der Fall, wenn zu befürchten ist, dass der Gesellschafter die erteilte Auskunft zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen ein nicht unerheblicher Nachteil zugefügt wird. Diese Voraussetzungen liegen dann vor, wenn ein Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grund ge­kündigt, aber noch keine formgültige Übertragung seiner Anteile stattgefunden hat, er aber zwischenzeitlich ein Konkurrenzunternehmen betreibt.


[1] Vgl Fritz, GmbH-Praxis I - Vertragsmuster und Eingaben, Muster 1.4002, 1.4003; 176

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